Eine willkommene Entlastung für berufstätige pflegende Angehörige

Seit Langem sind pflegende Angehörige ein Pfeiler unseres Gesundheitssystems. In der Schweiz belaufen sich die indirekten Kosten der Demenz, d.h. der monetäre Wert der Betreuungs- und Pflegeleistungen, die von pflegenden Angehörigen unentgeltlich erbracht werden, auf schätzungsweise 5,5 Milliarden Franken pro Jahr. Neben Pflegeaufgaben übernehmen die Angehörigen auch Haushalts- sowie Fahrdienste und leisten sowohl psychologische als auch soziale Unterstützung. Zudem gehören auch weniger sichtbare, aber ebenso wichtige Aufgaben wie Zeit für Spaziergänge, Diskussionen, die Zubereitung von Mahlzeiten, Hilfe bei Entscheidungen oder bei der Pflege von Sozialkontakten zu ihrem Alltag. Im Laufe der letzten Jahre ist die Problematik stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Heute lautet das Ziel, die Situation der Angehörigen zu verbessern, die Pflege und Beruf vereinbaren.
 

Verbesserungen

Seit 1. Januar 2021 verbessern mehrere Gesetzesänderungen die Situation von berufstätigen Angehörigen, die eine Person mit Demenz betreuen.
 

Kurzurlaub

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinen Arbeitnehmenden einen bezahlten Urlaub zur Pflege kranker oder verunfallter Familienmitglieder oder Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartner zu gewähren. Der Urlaub beträgt höchstens drei Tage pro Ereignis und maximal zehn Tage pro Jahr.

Zwar gewährten einzelne Arbeitgeber ihren Arbeitnehmenden bereits einen Betreuungsurlaub zur Pflege von Angehörigen oder Nahestehenden, doch in vielen Unternehmen war diese Möglichkeit nicht vorgesehen. Zudem wurden die Pflegeurlaube nur teilweise bezahlt. Die neue Regelung bietet Arbeitnehmenden, die einen bezahlten Urlaub beziehen möchten, einen gewissen Rechtsschutz.

Diese Verbesserung ist zwar sehr erfreulich, doch sie ist nur der erste Schritt, um den vielfältigen täglichen Herausforderungen Rechnung zu tragen, die mit der Betreuung und Pflege einer Person mit Demenz verbunden sind. Bei berufstätigen pflegenden Angehörigen handelt es sich oft um den Partner oder die Partnerin, häufig aber auch um den Sohn oder die Tochter, die neben dem Beruf auch die Pflege und die Familie unter einen Hut bringen müssen. Während mehrere Nachbarländer lange Betreuungsurlaube gewähren, gibt es in der Schweiz nur einen Kurzurlaub von höchstens drei Tagen pro Ereignis – ein Tropfen auf den heissen Stein bei der Betreuung einer Person mit einer chronischen, fortschreitenden Krankheit. Angesichts der grossen Opfer, die pflegende Angehörige im Privatleben und im Beruf erbringen, setzt sich Alzheimer Schweiz für ihre stärkere finanzielle und persönliche Unterstützung ein, sodass sie in der Lage sind, langfristig Betreuungsaufgaben auszuüben.
 

Betreuungsgutschriften

Der Anspruch auf Betreuungsgutschriften in der AHV wird ausgeweitet, damit mehr pflegebedürftige Personen zuhause leben können. Betreuende Angehörige erhalten diese Gutschrift, wenn die pflegebedürftige Person eine Hilflosenentschädigung leichten Grades bezieht. Auch Lebenspartnerinnen und Lebenspartner haben Anrecht, wenn das Paar seit mindestens fünf Jahren im gleichen Haushalt lebt.
 

Aktuelle und zukünftige Herausforderungen

Die Pandemie Covid-19 hat gewisse Probleme der pflegenden Angehörigen verschärft. Sie sehen sich zurzeit gezwungen, zusätzliche Pflege- und Betreuungsaufgaben zu übernehmen, da die üblichen Unterstützungsangebote wie Betreuungsgruppen oder Tagesstätten ihre Leistungen reduzieren mussten. Die Quarantäne- und Isolationsregeln haben ihre Aufgabe zusätzlich erschwert. Doch die aktuelle Krise hat auch positive Auswirkungen: Viele solidarische Initiativen wie die Lieferung von Lebensmitteln, Einkauf-Lieferdienste, Freiwilligendienste oder Telefonketten wurden ins Leben gerufen und haben ein Bewusstsein dafür geschaffen, was die Betreuung einer pflegebedürftigen Person konkret bedeutet.

In den kommenden Jahren wird die Betreuung von Menschen mit Demenz komplexer. Neben der demografischen Alterung stehen zusätzliche Herausforderungen an wie der Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich, Sparmassnahmen im Gesundheitswesen oder die Tendenz zu kleineren Haushalten und die damit einhergehende sinkende Anzahl an Personen, die bereit sind, ihre Angehörigen zu pflegen.

Angesichts dieser Herausforderungen setzt sich Alzheimer Schweiz weiterhin für die Verbesserung der Situation von Angehörigen demenzkranker Personen ein und engagiert sich unter anderem für die Verlängerung des aktuell gewährten Betreuungsurlaubs sowie für Rehabilitationsmöglichkeiten, zusätzliche Ausbildungen und die Ausweitung der Finanzierung von Assistenzleistungen anhand einer Betreuungszulage für Angehörige. Diese Verbesserungen des heutigen Systems sind notwendig, um die Angehörigen gezielt und wirksam zu unterstützen, sodass sie in der Lage sind, ihre Leistungen langfristig zu erbringen und die professionellen Assistenzdienste zu entlasten.