«Nachdem ich die Diagnose Alzheimer erhalten hatte, war für mich das Treffen ein schöner Start in mein neues Leben. Am Demenz Meet traf ich viele Leute mit einer ähnlichen Geschichte. Wir redeten darüber, was die Diagnose bedeutet und wie wir mit unserer Erkrankung umgehen», erzählt Eva M. und schmunzelt. Mitte 50 hatte sich endlich die Erklärung gefunden für all die Schwierigkeiten, die sich ein paar Jahre zuvor bereits gezeigt hatten. Beruflich erfolgreich, war es der Naturwissenschaftlerin mit Management-weiterbildung zunehmend schwergefallen, ihre Projekte und Aufgaben zu erfüllen. «Als meine Schwierigkeiten schliesslich einen Namen hatten, war das für mich wie eine Erlösung», erzählt Eva. M. Bis dahin war es ein langer Weg: Nachdem man zuerst eine Multiple Sklerose vermutet hatte, dauerte es rund zwei Jahre bis zur Diagnose Alzheimer.
 

Im Paragrafendschungel auf sich allein gestellt

«Als ich dann die Diagnose hatte und auch eine medikamentöse Therapie erhielt, stellte sich für mich die Frage, wie es nun weitergehen solle.» Sie verlor ihre Arbeitsstelle und musste sich mit der finanziellen Absicherung als Mutter von Kindern in Ausbildung auseinandersetzen. Mit ihrer Diagnose wandte sie sich an die Invalidenversicherung und erhielt ein Antragsformular mit Einreichungsfrist. Mehrmals versuchte sie, das Formular selbst auszufüllen. Bis die Behörde ihr schliesslich mitteilte, dass der Anspruch auf eine IV verwirkt wäre, weil sie die Frist nicht eingehalten hätte. Im zweiten Anlauf klappte es dann: Mit der Unterstützung ihrer Schwester und der Beratung bei Pro Infirmis wurde ihr IV-Antrag schliesslich gutgeheissen. Wie stellt man einen Versicherungsantrag? Hat man Anrecht auf einen Reha-Aufenthalt, um einmal aus dem gewohnten Alltag auszubrechen? «In diesem Paragrafendschungel ist man auf sich allein gestellt. Für mich und meine Schwester, welche mich immer wieder unterstützt, wäre ein Case Management hilfreich gewesen.»
 

Auch jüngere Personen können an Demenz erkranken

Rasch war für Eva M. auch klar, dass sie sich mit anderen Betroffenen vernetzen wollte, die ebenfalls jung an Demenz erkrankt waren. «Wir Jungen sind vital und stehen noch mitten im Leben, wir haben andere Bedürfnisse und Sorgen als Personen, die im fortgeschrittenen Alter an Demenz erkranken», betont Eva M. «Ich gehöre zur Babyboomer-Generation. Es müsste also noch viele andere Betroffene geben, die ebenfalls im erwerbsfähigen Alter erkrankt sind oder auf die Diagnose warten.» Sie begann die Suche nach anderen Personen, die ebenfalls noch im erwerbsfähigen Alter von Demenz betroffen sind. Und sie stellte rasch fest, dass es zwar verschiedene Anlaufstellen für Menschen mit Demenz im vierten Lebensabschnitt gibt, dass solche für jüngere Erkrankte jedoch dünn gesät sind. «Viele wissen gar nicht, dass nicht nur ältere Personen erkranken können», ist ihr Fazit.
 

Selbsthilfegruppe als wunderschönes Geschenk

Auf offene Ohren stiess sie schliesslich bei Selbsthilfe Zürich, welche sie bei der Gründung einer neuen Gruppe für junge Demenzerkrankte unterstützte. Inzwischen hat sich die Gruppe mit aktuell fünf Teilnehmenden bereits mehrere Male getroffen. «Ich freue mich sehr, dass es diese Gruppe gibt, und es tut gut, sich auszutauschen», strahlt Eva M. «Ich habe mich lange Zeit allein gefühlt mit meiner Alzheimer-Erkrankung. Nun gehört dieses Vakuum endlich der Vergangenheit an. Der Austausch mit den anderen Gleichgesinnten ist ein wunderbares Geschenk: Wir können offen darüber sprechen, was uns bewegt, und lernen viel voneinander. Es ist befreiend, gemeinsam selbst zu definieren, was einem guttut.» Sie weiss auch, wie herausfordernd die Situation für Angehörige ist: «Deshalb träume ich davon, dass es bald auch eine Gruppe für sie gibt.» Man spürt es durch und durch – Eva M. ist angekommen in ihrem neuen Leben.
 

*Name der Redaktion bekannt